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Lesebericht: Irene Ferchl, Über das Land hinaus – Literarisches Leben in Baden-Württemberg

23. Februar 2016 von H. Wittmann

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Ganz bescheiden in weißer Schrift auf dem gelben Umschlag dieses feinen Buches > »Über das Land hinaus« steht Literarisches Leben in Baden-Württemberg. Darum geht es. Auf rund 190 Seiten nimmt Irene Ferchl uns auf eine literarische Entdeckungsreise durch Baden-Württemberg mit. Zuerst in die Neske-Bibliothek, des einzigen literarischen Museums für Verlagsgeschichte in Bande-Württemberg, das die Geschichte des Verlegers Günther Neske erzählt, der 1951 seinen Verlag gründete. Von Kurt Leonhard wollten Irene Ferchl und Thomas Scheuffelen erfahren, warum junge deutsche Lyrik nach dem Krieg ausgerechnet in Esslingen erschien.

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> Peter Härtlings, “Die Kehrwoche als regionales Schmuckstück.” Ein Interview mit Elisabeth Walther-Bense, die über die Zeitschrift Augenblick berichtet: “Was jetzt im Augenblick geschieht, müssen wir festhalten.”

Merken Sie, mit welcher Begeisterung man dieses Buch durchblättert und liest? Auf diesem Blog klagen wir über vieles, was hier in Stuttgart gründlich schief läuft, aber dieses Buch mit dem wunderbaren Layout und der geballten Vielfalt des literarischen Lebens in Stuttgart versöhnt mit der Stadt und dem Land.

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Waren Sie schon mal in auf der > Stuttgarter Antiquariatsmesse? S. 40-43. Das dürfen Sie nie verpassen. Hermann Lenz berichtet aus dem Stuttgarter Buchhandel. Und ich trauere ständig der Buchhandlung von Wendelin Niedlich nach, deren 25-jähriges Bestehen 1985 mit einem Artikel im Börsenblatt gefeiert wurde. Mein erster Besuch in seiner Buchhandlung, wann war das? 1992 oder 93, wir kamen gleich ins Gespräch, zumindest in dem Moment, als beim Stöbern in der hintersten Ecke im Erdgeschoss oder darunter in Stuttgart schönstem Bücherkeller ein riesiger Stapel umfiel… Über Sartre haben Sie geschrieben? Sie machen bei mir eine Lesung. Eine Woche später, mitten zwischen den Bücherstapeln eine Lesung über > Jean-Paul Sartre und Tintoretto. Das wars, fortan, gehörte der Besuch bei Niedlich zu jedem City-Besuch. Ach schade, wenn ich jetzt sofort die Fotos finden würde… aber das sind ja noch traditionell Dias, die den Laden dokumentieren. das war der schönste Bücherort in Stuttgart, wenn man schon eine halbe Stunde dort in Büchern schwelgte, und Wendelin Niedlich plötzlich hinter einem Bücherstapel auftauchte oder hinter seinem Tresen, der nur aus Büchern bestand, jeden Besucher fröhlich begrüßte. Man hätte diese Buchhandlung einfach so bewahren müssen.

Jürgen Lodemann erzählt über Dutschke im Weltbad. Marie Luise Kaschnitz beschreibt ihr Dorf Bollschweil; sie hat doch so ein wunderbares Buch über Gustave Courbet geschrieben: Die Wahrheit, nicht der Traum. Das Leben des Malers Courbet. Kurt Oesterle erinnert sich an seine ersten Fernseh-Eindrücke. Erinnerungen an Hilde Domin und dann an Walter Jens (1923-2013) mit einem Auszug aus einer Rede: “Wir Extremisten” auf dem Schriftstellerkongress 1974 in Frankfurt/M.: “Wir Schriftsteller, die wir uns als bürgerliche Demokraten verstehen, sollten die Behauptung unserer Gegner, daß wir radikal seien, nicht als Beschimpfung, sondern als Ehrenerklärung verstehen.” (S. 61) – Thaddäus Troll: Der Schwabe und die Musen ist auch mit dabei. Rosemarie Bronikowski, “Platzbesetzer” war schon 1974 bei der Anti-Atomkraft-Bewegung mit dabei.

Dreißig Jahre Verlag das Wunderhorn wurde mit einem Interview gefeiert: “Die Erneuerung der Literatur kommt aus den Peripherien und nicht aus den Metropolen.” > Martin Walser “Heimatlob mit Legende” S. 74 f. Welch ein Vergnügen, ihn immer wieder im Stuttgarter Literaturhaus zu erleben:

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1987 begeht der > Verlag Klett-Cotta sein 10-jähriges Jubiläum und der Verleger Michael Klett antwortete auf Fragen zu seinem Verlag: “Try an Error und Erfolg”.

Christoph Meckel, Maria Beig, folgen. Thomas Scheuffelen steht für 25 Jahre literarische Spurensicherung im Land: “Von Marbach aus”. Als der Verlag Klöpfer & Meyer 2011 20 Jahre alt wird, bantwortet Hubert Klöpfer Irene Ferchls Fragen. Hildegard Grosche erhielt 1999 den Stuttgarter Literaturpreis. Heinrich Steinfest und Wolfgang Schorlau sprechen über Krimis: “Über den Hype, den Markt und spannende Lektüren. Annette Pehnt ließ ihren Debütroman in Freiburg spielen und ihre Portagonist Dorst entdeckt die Stadt. José F.A. Oliver “Das Häs” kommt aus Hausach im Schwarzwald. Maximilian Dorner erklärt Frank Albers, wie er auf die Ideee kam, die Anthologie “Feuer, Lebenslust” zu veröffentlichen. Susanne Fritz aus Freiburg erzählt über Furtwangen: “Zeitmesser”.

Und 2000 ging es los. Professor Roland Ostertag hatte gerade das Bosch-Areal gerettet, als kurz darauf das Literaturhaus dort einzig und ein einzigartige Erfolgsgeschichte begann. “Was möchte das Literaturhaus in Stuttgart leisten”, lautete die Frage, die Florian Höllerer 2001 in einem Gespräch mit Irene Ferchl beantwortete. Die Gäste des Stuttgarter Literaturhauses prägen auch das Literaturleben dieser Stadt, viele von ihnen kommen immer wieder und ihre Fotos sind wertvolle Erinnerungen:

> Waren Sie schon mal im Stuttgarter Literaturhaus?
> Literarisches Leben in Stuttgart 70 Artikel auf unserem Blog

> 5 Jahre Literaturhaus – 18.11.2006:

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“Zwischen Tradition und Innovation” lautet die Überschrift zum Gespräch mit der Leiterin der Stuttgarter Stadtbücherei Ingrid Bussmann und ihrer Stellvertreterin Christine Brunner. > Waren Sie schon in der neuen Stadtbibliothek am Mailänder Platz?.

Joachim Zelter kommt aus Freiburg und erzählt “Die Wahlkampftour des Ministerpräsidenten”. – Kennen Sie das > Mühlenweg-Museum in Allensbach? S. 167-169.- Heinrich Rietmüller, Mitglied der Geschäftsleitung der Buchhandlung und Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels berichtet 2015 in einem Interview über Gegenwart und Zukunft des Buchhandels. Zu den Filialen seines Unternehmens zählen 34 Buchhandlungen an 27 Standorten und die Zuwachsraten im Onlinebereich wachsen jährlich zweistellig.

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Irene Ferchl,
> »Über das Land hinaus«
Literarisches Leben in Baden-Württemberg

Stuttgart: Klöpfer und Meyer 2016.
Erscheint am 22. Februar 2016, Großformat, 184 Seiten, Duplexdruck
ISBN 978-3-86351-512-6

Lesungen aus “»Über das Land hinaus«”:

> Buchpremiere von Irene Ferchl „Über das Land hinaus“
3. März 2016 20:00 Uhr, Literaturhaus Stuttgart, Breitscheidstraße 4
> Irene Ferchl liest aus „Über das Land hinaus“
10. Mai 2016 20:00 Uhr, Buchhandlung OSIANDER Reutlingen, Wilhelmstraße 64.
> Irene Ferchl liest aus „Über das Land hinaus“
14. August 2016 15:30 Uhr, Klostergarten Pfullingen

Alle Fotos in diesem Beitrag: (c) Heiner Wittmann

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